Wir und unser Arbeitsrecht 1848 - 1997

 

Geschichte der DJP

Unser Arbeitsrecht

Gründungstabelle

Karl Höger

 

Als nächster Erfolg

1860

1870

1880

1891

1896

1905

1906

1910

Weltkrieg

1920

1925

1931

1937

1945

1947

1953

1965

1977

1983

1989

1992

1997

 

Schaut man heute auf das Wachsen unseres Arbeitsrechtes - getragen von einer als Unterstützungsverein gegründeten Gewerkschaftsbasis - zurück, so ist zunächst eines festzustellen: Es war seinerzeit für unsere Kollegen gar nicht so selbstverständlich, die Grenzen der Idee der Unterstützung zu übersteigen und die Vereinigung auch für die Verbesserung der Arbeitssituation in den Betrieben zu nutzen. So dauerte es bei den Buchdruckern immerhin sechs Jahre von der Gründung 1842, bis die Wiener Kollegen an die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen schritten.

Am 9. April 1848 wurde gefordert:

  • Erhöhung der Arbeitspreise für Setzer, Drucker und Schriftgießer nach dem Massstabs eines wöchentliches Verdienstes von sieben bis acht Gulden.
  • Ein erster Ansatz zu einer Lehrlingsskala: auf je "vier Subjekte" dürfte "nur ein Lehrling" kommen.
  • Abschaffung der weiblichen Arbeiter bei den Maschinen und anderen Manipulationen.
  • Schnellpressen dürfen nur mit Drucker-Subjekten, Schriftgießer-Maschinen ausschliesslich nur mit Schriftgießer-Gehilfen besetzt werden.
  • Beschäftigung von mindestens einem Drucker-Subjekt an jeder Handpresse.
  • Zahl der aufzustellenden Schnellpressen hatte sich nach der Zahl der im Betrieb stehenden Handpressen zu richten (drei Handpressen - eine Schnellpresse).
  • Zehnstündige tägliche Arbeitszeit, ausgenommen des der Ruhe und Sammlung geweihten Sonntags.
  • Schon in diesen früh formulierten Punkten finden sich die Grundsätze eines problemabgestimmten Arbeitsrechtes: Versucht wird, mit der Lohnbestimmung dem Arbeiter einen Teil am Produktionsertrag zu sichern, die Einführung der technischen Entwicklung und die Arbeitszeit - 12, 14, und mehr Stunden - gekürzt werden.

Als nächster Erfolg
der Buchdrucker wurde eine Vereinbarung erreicht, derzufolge die Sonn- und Feiertagsarbeit aufgehoben wurde. Der erste arbeitsfreie Sonntag fiel auf den 6. August 1848. Man messe den Erfolg daran, dass es an die 37 Jahre dauerte, bis der arbeitsfreie Sonntag gesetzlich eingeführt wurde; es war am Sonntag, dem 14. Juni 1885. Grundsätzlich standen allerdings die ersten Erfolge auf schwachen Füßen. Es gab ja keinerlei rechtliche Absicherung, und unter Ausnutzung ihrer wirtschaftlichen Macht konnten die Prinzipale doch immer wieder die Kollegenschaft in die Knie und zur Hinnahme von Verschlechterungen zwingen. Als nach dem Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1859 im Mai ein Prinzipalsgremium gebildet wurde, sah die Kollegenschaft darin einen Ansprechpartner, um die Arbeits- und Lohnbedingungen verbindlicher zu regeln. Freilich: Beratende Vorbereitungen in Vertrauensmännerversammlungen waren nicht möglich. Solche wurden von der Polizei auseinandergetrieben. So wurden in kleinen Kreisen bescheidene Forderungen ausgearbeitet und dem Gremialvorsteher Sieger am 20. August 1860 überreicht. Die Unternehmer lehnten jede Lohnerhöhung ab und drohten mit Maßregelungen. Aber die Kollegen verfolgten ihre Ziele konsequent weiter.

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1860: 10-Stunden-Tag
Zunächst blieb eine die Entlohnung (Satzpreise) betreffende Einigung aus. Doch gelang es im Kleinkampf in den größeren Betrieben Verbesserungen durchzusetzen. Die Satzpreise wurden erhöht, und die zehnstündige Arbeitszeit in vielen Betrieben eingeführt.

1868
Der Verein der Lithographen und Steindrucker Wiens, gegründet 1860, trat 1868 dem Gedanken nahe, sich an die Regelung der Löhne und Verkürzung der Arbeitszeit zu machen, deren Verwirklichung aber noch etlicher organisatorischer Veränderung bedurfte und bis 1902 (Graz) auf sich warten ließ. Gegen Ende der sechziger Jahre lehnten sich auch die Buchbinder gegen die zwölfstündigen und noch längeren Tagesarbeitszeiten auf. Mit Erfolg riefen sie zu einer Verkürzung der täglichen Arbeitszeit auf elf Stunden auf und gründeten aus diesem Erfolg heraus 1868 eine Organisation der Buchbinder.

1869: Keine Sonntagsarbeit mehr bei Zeitungen
1869 gelang den Zeitungsarbeitern die Abstellung der Sonntagsarbeit. Von vier demokratischen Zeitungen gingen die Arbeiter am Sonntag, dem 8. August 1869, nicht zur Arbeit. Die Prinzipale zwangen Lehrlinge zur Zeitungsherstellung und bezahlten ihren Arbeitswilligen, was sie sonst nie und niemals dem Personal zugestanden hätten. Die Zeitungen erschienen. Aber die Woche darauf kamen die Setzer wieder nicht zur Arbeit, und so wurde es Schritt für Schritt zur Selbstverständlichkeit, dass die Zeitungen erst Montag früh hergestellt wurden und zu Mittag erschienen.

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1870: Gründung eines Widerstandsfonds
1870 stand der Entwurf eines Arbeitsvertrages fest, mit dem unter anderem neben Lohnerhöhungen auch die achtstündige Arbeitszeit gefordert wurde. Die Unternehmer lehnten die Forderung ab, hatten Zeit, Gegenmaßnahmen für einen Arbeitskampf zu treffen. Der folgende erste, länger als ein Monat andauernde Streik blieb erfolglos. Sicherlich als eine Erkenntnis daraus wurde 1870 ein Widerstandsfonds gegründet.

1870: Die Buchbinder
starteten 1870 die nächste Bewegung zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die eine weitere Arbeitszeitverkürzung, eine 10prozentige Lohnerhöhung und einen 25prozentigen Überstundenzuschlag umfasste. Mit der erstgenannten Forderung kam man verhältnismäßig gut durch. Die Entlohnunssprobleme waren schwieriger - bei den Futteralmachern nur mit einem zweiwöchigen Streik - zu lösen. Dann folgte für die Buchbinder und ihnen angeschlossenen Gruppen eine Periode der behördlichen Verfolgung, Vereinsumbildungen und -neubildungen. Sie wurden erst wieder 1891 mit dem wiedergegründeten Verein der Buchbinder, Rastierer, Ledergalanterie-, Kartonage- und Schmucketuiarbeiter Niederösterreichs aktionsfähig.

1872: Verbesserungen, Vereinsauflösung, Neugründung
1872 gelang es, den durch die bevorstehende Weltausstellung begründeten geschäftlichen Aufschwung nicht nur zu Lohnverbesserungen, sondern auch die Einstellung der Sonntagsarbeit bei den Zeitungen und eine Kürzung der Nachtarbeitszeit tariflich zu regeln.

1873
erreichten unsere Kollegen wesentliche Entlohnungsverbesserungen für Werk-, Zeitungssetzer und Schriftgießer sowie für Maschinenmeister erhebliche Entschädigungssätze für die Bedienung einer zweiten oder dritten Maschine.

Anfang 1875
kündigten die Buchdruckereibesitzer den Tarif, um bei Beibehaltung des Tariflohnes den Lokalzuschlag kräftig zu reduzieren und die entschädigungsfreie Feiertagsarbeit einzuführen. Dem Unternehmerangebot, einen Lokalzuschuss von 15 Prozent leisten zu wollen, stand die Gehilfenforderung von 35 Prozent gegenüber. Eine resolute Forderungsvertretung sowie die solidarische Haltung der Werk- und Zeitungssetzer in einer eintägigen Arbeitsniederlegung konnte einen vollen Erfolg sicherstellen. Dieser ließ die Gegenseite nicht ruhen: Kollege Gerber wurde im Juli 1875 wegen Agitation des Landes verwiesen. Die Prinzipale witterten Morgenluft. Ihre Gegner hatten eine hervorragende Führungskraft verloren. Sie beeilten sich, den Tarif zu kündigen und ein elendes Elaborat auszuarbeiten. Über Vorschlag des Kollegen Höger ging ein Gegenentwurf an die Unternehmer. Sie meinten, dass sie zum Tarif nichts unternehmen könnten und wollten unbedingt auf Basis ihres Vorschlages verhandeln. In einer Versammlung (15. Juni 1876) wurde die Arbeitseinstellung beschlossen. Die folgende fünfwöchige, aber nur teilweise Arbeitseinstellung blieb nicht erfolglos, sondern führte zum Rücktritt der Tarifkommission wegen mangelnder Unterstützung seitens der Kollegenschaft und zum Eintritt in eine Periode der Tariflosigkeit. Erst mit Beginn des Jahres

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1880
trat ein neuer von den Gehilfen widerwillig zur Kenntnis genommener Vertrag in Kraft, weil er wohl die Erhöhung des Tausendpreises (der für tausend nach dem Alphabet berechnete Buchstaben tarifmäßig festgelegte Arbeitslohn) vorsah, das gewisse Geld (Man spricht davon im Gegensatze zum Arbeiten im Berechnen und meint damit das Arbeiten nach einem Übereinkommen zwischen Arbeitgeber und Arbeiter, wonach letzterer am Auszahlungstage einen vorher bestimmten gewissen Geldbetrag für seine Arbeitsleistung ausbezahlt erhält.) aber unverändert ließ. Als die Unternehmer die Gehilfenvorschläge zu einer Tarifrevision zur Gänze ablehnten und einzelne Kündigungen aussprachen, erklärten die Gehilfen den Tarif von 1880 für nicht existent.

1882
Ein am 9. November 1882 den Prinzipalen vorgelegter neuer Tarifentwurf veranlasste zwanzig Arbeitgeber zur Drohung mit Aussperrung, wenn der alte Tarif nicht eingehalten werden würde. Die betreffenden Personale reagierten auf die Ankündigung brutaler Machtausübung mit Arbeitseinstellung. Die Unterstützung durch die in Arbeit Stehenden war diesmal vorbildlich, aber nach zwei Monaten wurde der Streik mit 9. Jänner 1883 für beendet erklärt. Und erst nach einiger Zeit führten Besprechungen zu einer zufriedenstellenden Neufestlegung des Minimums.

1883
Der Klub der Zeitungssetzer Wiens hatte sich 1880 konstituiert und strebte von Anfang an erfolgreich Verbesserungen des Arbeitsrechtes an. Mit dem Tarifvertrag von 1883 konnten zunächst die Lohnverhältnisse geregelt und die Beschäftigung von Lehrlingen untersagt werden. Mit der Tarifänderung von 1886 wurde das Sonntagsarbeitsverbot und für notwendige Arbeit an Feiertagen der doppelte Lohn festgelegt. 1894 - Zeitungsarbeiter erreichten weitere Veränderungen: Verkürzung der täglichen Arbeitszeit auf 9 1/2 Stunden. Es darf nur eine Post gemacht werden. Bei notwendiger Leistung einer zweiten Post war der Betreffende am nächsten Tag arbeitsfrei. Täglich erscheinende Zeitungen durften nur im Berechnen (je nach Arbeitsleistung bezahlt) hergestellt werden.

1888
wies der Widerstandsfond des Vereins schon die beachtliche Höhe von 10.000 Gulden aus, und die Kollegen erstatteten an ihn weiterhin 2 Prozent ihres Lohnes. Das scheint ein attraktiver Hintergrund für effiziente Verbesserungen gewesen zu sein.

1888
Die Gewerbebehörde des Magistrats wollte die 1886 von ihr bewilligte Tarifkommission auflösen, die Gehilfenversammlung vom 14. Oktober 1888 beschloss aber ganz einfach, die Kommission habe weiterzufunktionieren. Mitte November 1888 entschied schließlich der Magistrat per Dekret die Auflösung des Tarifschutzfonds durch Auszahlung an die Beitragsleistenden. Die Kollegenschaft reagierte mit einem Gag: In einer stark besuchten Versammlung am 25. November 1888 im Gasthaus "Zu den drei Engeln" erklärten sie, jeder einzelne von ihnen würde seinen Anteil dem "Vorwärts"-Redakteur, Kollegen Kralik, schenken. Das waren 35.000 Gulden. Weiters beschlossen sie, einen Tarifvorschlag in jedem Betrieb dem Chef zur Stellungnahme persönlich vorzulegen. Am Anfang weigerten sich einige der Prinzipale, doch etliche von ihnen akzeptierten die Vorschläge. Die Buchdruckereien nahmen die vier Hauptforderungen und die Kollegen am 21. Dezember auch das Ergebnis an, das nicht ganz den Forderungen entsprach, aber doch nicht unwesentliche Verbesserungen brachte:

  • 9 1/2 Stunden tägliche Arbeitszeit für Gehilfen und Helfer
  • Erhöhung des Minimums
  • Freigabe aller landesüblichen Feiertage
  • Festsetzung der Lohnbedingungen für die Helfer in besonderen Hausordnungen.

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1891: Arbeitskampf der Buchdrucker
Aus der Feier zum 1. Mai 1891 erwuchs ein Arbeitskampf. Da der 1. Mai 1890 ruhig verlief, setzten die Unternehmer der angestrebten Arbeitsfreiheit für den 1. Mai 1891 größeren Widerstand entgegen. Rund hundert Kollegen, auch Hilfsarbeiter, wurden gemaßregelt. Versprochene Wiedereinstellungen wurden nicht eingehalten. Am 5. Mai beschlossen die Teilnehmer an einer Versammlung die Wiedereinstellung der Gemaßregelten, zugleich die neunstündige tägliche Arbeitszeit, Aufhebung der Kündigungszeit und Einstellung der Überstunden für jene Zeit zu fordern, als Arbeitslose in den Betrieben eingestellt werden könnten. Am 9. Mai in der Früh wurden den Prinzipalen die Forderungen ausgehändigt, um 8 Uhr desselben Tages standen 2600 Gehilfen und Hilfskräfte im Streik. Am 10. Juni wurde der große Streik der Wiener Buchdrucker und Schriftgießer für beendet erklärt. Das einzige Ergebnis: Der Tarif sollte bis Ende 1892 unverändert gelten.

1891: Die Forderungen der Buchbinder
1. Einführung und Einhaltung des 10stündigen Arbeitstages.
2. Überzeitarbeit nur in dringenden Fällen und dann mit 25 Prozent Aufschlag.
3. Bekanntgabe der Stückpreise durch Anschlag im Betrieb.
4. Beschränkung der Außer-Haus-Arbeit.
5. Regelung des Lehrlingswesens.
6. Bezahlung der Feiertage.
7. Bezahlung des vollen Lohnes am Zahltag.

Die Herren Unternehmer versuchten mit allen Mitteln, Entscheidungen über diese Forderungen hinauszuschieben, mussten aber letztlich doch einen Großteil erfüllen. Im August 1892 verlangten die Kartonagearbeiter unter Streikandrohung die Einführung des 10-Stunden-Tages. Die Herren von der Genossenschaft waren gewohnt, Forderungen ihrer Arbeiter ganz einfach liegenzulassen. Erst als an die 200 Arbeitnehmer tatsächlich die Betriebe verließen, erkannten sie den Ernst der Situation. So wurde der 10-Stunden-Arbeitstag und eine Bezahlung der Überstunden mit einem Zuschlag von 2 Kreuzern pro Lohngulden durchgesetzt.

1895: Normaltarif und Arbeitszeitverkürzung
Bereits auf dem 10. Buchdruckertag war 1888 die Ausarbeitung eines Normaltarifs beschlossen worden, und im Jänner 1895 wurde ein von der gesamtösterreichischen Kollegenschaft beratener und beschlossener Entwurf den Prinzipalen in allen Kronländern überreicht. Nach zähen Verhandlungen folgte Mitte November 1895 eine Schlusskonferenz. Der größte Erfolg war: Die Festsetzung der täglichen Arbeitszeit mit 9 Stunden (Gesetzliche Arbeitszeit sah 11 Stunden vor).

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1896 bei den Zeitungsarbeitern
1896 gab es wieder einen neuen Tarif. Mit ihm wurde die Arbeitszeit für Ablegen und Setzen (9 Stunden) sowie die neuen Löhne und die Überstundenentlohnung geregelt. Hier zeigen sich schon wichtige Ansätze für arbeitsplatzschaffende Arbeitszeitverkürzung durch Freizeitentgelt, eine Idee, die konsequent weiterverfolgt wurde. Die Regelung der Einführung der Setzmaschine in der Zeitungsproduktion ist dafür ein weiterer Beweis. Die tägliche Arbeitszeit von 7 1/2 Stunden war schon Realität, jetzt wurde noch eine 1/4 Stunde Pause bei zweimal täglich erscheinenden Zeitungen vereinbart sowie dass nur ausgelernte Setzer aus dem Personal an den Setzmaschinen angelernt werden dürfen. Als Entlohnung waren 50 Kronen (bei Tag) und 60 Kronen (bei Nacht) vorgesehen.

1898: Buchbinder streiken um neues Arbeitsrecht
In einer großen Wiener Versammlung gaben die Delegierten des Verbandes der Vereine der Buchbinder und verwandte Berufe Österreichs einem arbeitsrechtlichen Forderungskatalog ihre Zustimmung, wobei sie als Mittel der Durchsetzung von Haus aus die Arbeitsniederlegung in Betracht zogen. Die Wirklichkeit trug den Pessimisten Rechnung: Die Unternehmer lehnten die mit Samstag, 1. Oktober 1898, zeitlich limitierte Forderung ab. Am 3. Oktober 1898 ruhte daraufhin in 68 Werkstätten die Arbeit. Nach Einschaltung des Obergewerbeinspektorats kam es nach vier Wochen zu einer Einigung.

Die wichtigsten Punkte:

  • Arbeitszeit: täglich 9 1/2 Stunden
  • Erhöhung der Minimallöhne
  • Für Arbeiten außer Haus wurde ein 25%iger Zuschlag vereinbart
  • Der Zuschlag für Überstunden beträgt 20% (für die ersten zwei) und 30% für jede weitere
  • Zur Regelung der Akkordarbeit sollte ein eigener Tarif ausgearbeitet werden
  • Der 1. Mai wird auf Verlangen freigegeben

In den Tarif 1903 der Zeitungsarbeiter fanden die Maschinenmeister und Stereotypeure Aufnahme. Die Besetzungsbestimmungen sahen vor, dass als Korrektoren nur gelernte Setzer, als Maschinenmeister nur gelernte Drucker und als Stereotypeure nur Schriftgießer verwendet werden dürfen.Tarifliche Erfolge für die Senefelder: Nachdem es den Senefeldern in Graz schon 1902 gelungen war, einen Tarif zu realisieren, begannen in Wien die Verhandlungen zu Beginn des Jahres 1904. Die Ergebnisse waren gut: Für die Lithographen wurde eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden, weiters unter anderem auch ein Mindestlohn, die Überstundenbezahlung sowie die Bezahlung der Feiertage vereinbart. Bei der Reichstarifkonferenz 1905 konnte aus Wien über einen Tarif für Chemigraphen berichtet werden: Dieser berücksichtigte die Lehrlingsfrage, die tägliche Arbeitszeit konnte von 9 Stunden auf 8 1/2 Stunden reduziert werden. Allgemein war es schwierig und langwierig, neue Bestimmungen in der Praxis zu realisieren und die Prinzipale zur Einhaltung der Vereinbarung zu bringen. Auch die nächsten Verhandlungen der Buchdrucker zur

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Tarifrevision 1905
verliefen zäh, die Prinzipale zogen sie hin, immer in Verfolgung ihrer Ziele. Die wichtigsten, am 26. November 1905 ausgehandelter, Bestimmungen des mit achtjähriger Laufzeit und nach einer Urabstimmung in der Kollegenschaft abgeschlossenen Tarifes waren:

  • Tägliche Arbeitszeit: 8 3/4 Stunden.
  • Erhöhung des Minimums in drei Stufen.
  • 15 Prozent Lohnzuschlag für Korrektoren.
  • Verbesserung auch für die jungen Gehilfen.
  • Tarifliche Anerkennung der Vertrauensmänner.
  • Maschinenmeister können nur noch zur Bedienung von zwei Maschinen verpflichtet werden.
  • Lehrlingsskala wird abgeändert und für Betriebe mit mehr als 30 Gehilfen verschärft.
  • 50 Prozent Schichtzuschlag für die Arbeitszeit zwischen 19 und 7 Uhr.
  • Überstundenentschädigung: durch einen Hellerbetrag, der dem zustehenden Minimum in Kronen gleich war.
  • An Setzmaschinen dürfen nur Fachkräfte bei einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden verwendet werden.

Der Lohn wurde in Prozenten vom Minimum festgelegt: + 40 Prozent, Schichtarbeit zusätzlich + 25 Prozent (20 bis 24 Uhr) beziehungsweise + 60 Prozent (0 bis 7 Uhr). Dieser Tarif trat mit 1. Juli 1905 in Kraft.

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1906: Tariferneuerungen für die anderen Gruppen
Im Jahre 1906 unterzogen die Senefelder ihren Tarif einer Revision. Die Unternehmerforderung, die Arbeitszeit zu verlängern, konnte abgewehrt werden, und man kam nach schwierigen Verhandlungen überein, den ohnedies geringfügig veränderten Vertrag bis 1909 gelten zu lassen. Im selben Jahr kam weiters ein neuer, bis 1909 geltender Tarif für die Steindrucker und Lithographen mit beachtenswerten Erfolgen zustande:

  • tägliche Arbeitszeit für Steindrucker 8 1/2 Stunden, für Lithographen 8 Stunden.
  • Lohnerhöhungen für Ausgelernte in den drei Lohngruppen.
  • die Anerkennung der Vertrauensmänner wurde vereinbart.

Noch im Jahre 1905 wurden - nachdem die Zusage der Buchdruckereiunternehmer für die Schaffung eines Tarifs für die Hilfskräfte schon seit 1899 vorlag - endlich die Verhandlungen für Wien aufgenommen. Diese scheiterten aber nach kurzer Zeit. Um den Prinzipalen die Bedeutung der Gruppe der Hilfskräfte für die Produktion zu veranschaulichen, setzte nach dem Verhandlungsabbruch passive Resistenz in den Betrieben ein. So kam es bald zur Wiederaufnahme der Verhandlungen und führte zum Abschluss einer Vereinbarung. Diese trat mit 1. Mai 1906 in Kraft. Es war dies überhaupt der erste Tarif für Hilfsarbeiter in Österreich.


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Tarifrevision 1906 der Buchbinder mit AZV
Die nach acht Jahren aufgelebten Forderungen waren Hauptpunkte in einer freien Versammlung der Buchbinder in Wien. Die akzeptierte Aufstellung wurde am 5. Mai 1905 den Unternehmervertretern überreicht und nach etlichen Gesprächsrunden kam ein neuer, von der Kollegenschaft mehrheitlich angenommener Tarif zustande:
  • Tägliche Arbeitszeit 9 Stunden; vor Ostern, Pfingsten und Weihnachten endet die Arbeitszeit um 2 Stunden früher.
  • Die großen Feiertage sind voll zu bezahlen.
  • Die Minimallöhne wurden für alle Gruppen erhöht.
  • Überstundenzuschläge: 20% beziehungsweise 30% (ab der dritten Überstunde).
  • Der 1. Mai wird ohne Bezahlung freigegeben.
  • Senefeldererfolge gab es noch im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Dazu zählen die vom Österreichischen Senefelderbund 1908 in Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg abgeschlossenen Tarifverträge (3 Jahre Gültigkeit):
  • Verkürzung der täglichen Arbeitszeit für die Lithographen von 9 auf 8 Stunden und jene der  Steindrucker und Hilfsarbeiter von 9 auf 8 1/2 Stunden.
  • Verbesserung des Mindestlohnes und der Überstundenbezahlung.
  • Bezahlung der Feiertage und ein bezahlter Urlaub von 3 Tagen bis zu einer Woche (ab dreijähriger Betriebszugehörigkeit).
  • Anerkennung der Vertrauensmänner und des gewerkschaftlichen Arbeitsnachweises.

1909 wurden dann die Tarife in Wien, Agram, Triest und Graz unter Miteinbeziehung der Hilfsarbeiter und Festlegung der Einmaschinenbedienung mit ähnlich zufriedenstellenden Ergebnissen und fünf Jahren Geltungsdauer realisiert.

Staffeltarif für Zeitungsarbeiter
Gleich nach dem Tarif für Werkdruckereien galt der Tarif 1907 als sogenannter Staffeltarif bis Ende 1914. Neben den Lohnerhöhungen wurden folgende Arbeitszeiten festgelegt:

  • 8 1/2 Stunden (Hand- und Maschinensetzer),
  • 7 Stunden (Korrektoren) und
  • 6 1/2 Stunden (Maschinenmeister ohne Putzzeit).

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1910: Der Tarif der Buchbinder
wurde einer Revision mit gutem Resultat unterzogen:

  • Tägliche Arbeitszeit 9 Stunden, an Samstagen 8 Stunden; vor den sogenannten großen Feiertage und zu Silvester gekürzte Arbeitszeit.
  • Die Minimallöhne wurden bei Beibehaltung der Lohntabellen aktualisiert.
  • Heimarbeit wurde nicht gestattet.

Die Gültigkeitsdauer des Tarifs wurde mit 30. Oktober 1914 festgesetzt. Die erzielten Bestimmungen waren für die Länder der Monarchie ähnlich. Bemerkenswert die Urlaubsbestimmung: Zwei Tage Urlaub nach zweijähriger Betriebszugehörigkeit, und in der Folgezeit für jedes Jahr einen Tag mehr Urlaub (Höchstausmaß 5 Tage).

Während der Dauer des Buchdruckertarif bis 1913
beschäftigten sich die Kollegen des Verbandes mit den Fragen des Urlaubes (ein Urlaubsgesetz für gewerbliche Arbeitnehmer kam ja erst am 30. Juni 1919) - Eine Zusammenfassung einer im August 1911 durchgeführten Vereinsumfrage zeigt, dass in 487 Betrieben (48,12%) 6123 Beschäftigte (49,05%) Urlaub halten konnten. 1912 gewährten praktisch alle großen und mittleren Betriebe Urlaub im Ausmaß von drei bis sechs Tagen. In den Zeitungsbetrieben bewegte sich die Urlaubsdauer zwischen sechs und vierundzwanzig Tagen.

Tariferneuerung 1913
In den acht Geltungsjahren waren auf beiden Seiten verständlicherweise stark auseinandergehende Veränderungswünsche angewachsen. In einer erweiterten Konferenz der Vereinsobmänner wurde im Sinne eines Tarifschutzes eine von jedem Kollegen zu leistende Abgabe von 1 Prozent jeder Lohnkrone beschlossen (25 Prozent davon gingen an einen zentralen Fonds). Auch die Herren vom Prinzipals-Reichsverband hatten einen Widerstandsfonds gebildet und unterstrichen noch mit einem Rundschreiben, die Verhandlungen in Frieden führen zu wollen. Mit diesen Grundhaltungen tauschten die Kurien am 2. November 1913 ihre Entwürfe aus. Unsere Verhandlungskurie forderte wieder den Achtstundentag und Lohnerhöhungen, die Prinzipale unterbreiteten einen nur Verschlechterungen beinhaltenden Forderungskatalog. Selbstverständlich mussten die verhandelnden Gehilfenvertreter ablehnen, die Prinzipale schritten zur Aussperrung. In den Hauptbestimmungen erbrachte der neue Tarif - eine Arbeitszeitverkürzung an Samstagen um jeweils eine halbe Stunde, damit zeigt sich folgende Entwicklung der Wochenarbeitszeit für

Buchdrucker in den Jahren 1848 bis 1914:
1848 (Promemoria): 70 Stunden
1848 (Einstellung der Sonntagsarbeit): 60 Stunden
1888: 58 Stunden
1895: 54 Stunden
1905 (Samstag 2 Stunden kürzer): 52 Stunden
1914 (Samstag 1/2 Stunde kürzer): 51 1/2 Stunden


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Aus der prinzipiellen Niederlage der "Pioniere der Arbeiter" war also nichts geworden. "Der Geist der Kollegenschaft, die ungebrochene Solidarität der Kollegenschaft", so fasst Eduard Narozny in "dup - 1842 bis 1967" zusammen, "der Glaube an die Zukunft fanden Bestätigung in dem Beschluss, ab 6. Juni 1914 den stark in Anspruch genommenen Tarifschutzfonds wieder zu stärken: Die Leistung wurde auf 2 Prozent pro Lohnkrone erhöht." Dem Geiste der Kollegialität ist es auch anzurechnen, dass beispielsweise die Senefelder ihre ganze Kraft daransetzten, um die Ausführung von Arbeiten zu verhindern, die normalerweise im Buchdruck hergestellt wurden. Wie weitreichend und wichtig die Bestimmungen waren, zeigte sich früher als man damals annehmen konnte. Kaum jemand konnte beim Abschluss der zuletzt angeführten Tarife mit ihrer Geltungsdauer bis Ende 1918 ahnen, dass ein

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Weltkrieg
in diese Periode fallen und damit eine jahrelange Unterbrechung der Weiterentwicklung des kollektivvertraglichen Arbeitsrechtes eintreten würde. Zwar entwickelte sich zunächst am Beginn der Ersten Republik eine sozialdemokratisch dominierte Gesellschaft mit einer zwischenzeitlich wachsenden Sozialgesetzgebung, aber ein zweiter Abfall in die totale Rechtlosigkeit des Arbeiterstandes - im Zerfall der Ersten Republik und in einem zweiten Weltkrieg endend - ließ leider nicht lange auf sich warten.

Ende 1919
kam es zu Gesprächen der Tarifausschüsse, um den Tarif für Buchdrucker zu erneuern. Von einer echten Revision konnte jedoch nicht die Rede sein. Die Ortsklassen wurden von fünf auf drei reduziert, wobei die neue Einordnung der Druckorte Verbesserungen für die Kollegen brachte.

1921 - Tarif für Buchdrucker
Mit einer einjährigen Laufdauer wurde 1921 ein Tarif abgeschlossen, mit dem man

  • eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden
  • und einen Zuschlag von 50 Prozent für Schichtarbeit außerhalb der tariflich festgesetzten Arbeitszeiteinteilung vereinbarte.
    Eine Neufestsetzung konnte bei den Sonderbestimmungen für Setzer, Korrektoren, Maschinenmeister und Drucker, der Bezahlung von Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit, dem Tausendpreis, den Zuschlägen für Maschinensetzer sowie der Entschädigungen für die Herstellung von Montag-Frühblättern erreicht werden. Eine weitere Berechtigung für Lohnforderungen wurde bei Ansteigen der Lebenshaltungskosten von mindestens 5 Prozent zugestanden, hingegen waren Lohnsenkungen erst beim Absinken der Indexziffer um mindestens 25 Prozent möglich.

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1920 - Klub der Wiener Zeitungssetzer
1920 konnte eine Tarifänderung mit Schwerpunkten bei den Arbeits- und Freizeitbestimmungen abgeschlossen werden:

  • Arbeitszeiten: Handsetzer 8 Stunden, Maschinensetzer 6 1/2 Stunden,
  • Korrektoren 7 Stunden, Metteure 7 3/4 Stunden täglich, Maschinenmeister und Hilfsarbeiter 45 Stunden wöchentlich.
  • Überstunden mussten in Freizeit gehalten werden: 6 Überstunden - ein freier Tag.
  • Die Hilfsarbeit wurde zum ersten Mal in den Tarif aufgenommen.
  • Dann folgte die Zeit der Inflation. Abgesehen davon begann sich 1921 für die Zeitungsarbeiter abzuzeichnen, dass man durch Arbeitszeitvorverlegung immer mehr von der Nachtarbeit wegkommen wollte (Satzschluss: 24 Uhr).

1920: Kartonagearbeiter mit Buchbindern vereinigt
Dieser Vereinigungsbeschluss war in der Generalversammlung der Kartonagearbeiter (11. Mai 1920) gründlich diskutiert worden und fand einhellige Zustimmung. Die Buchbinder ihrerseits trugen diesem Wunsche anlässlich ihrer 6. Generalversammlung Rechnung. Im Mai 1920 konnte für die Kartonagearbeiter ein neuer Lohntarif abgeschlossen werden. Der zuletzt für die Wiener Buchbindereien geschaffene Vertrag - Arbeitszeit, Lohn, Akkordarbeit, Außer-Haus-Arbeiten, Überstunden, Urlaub, Kündigung des Arbeitsverhältnisses usw. umfassend - wurde im Herbst 1920 abgeändert. Für die in der Papierkonfektion und der Papiersäckeindustrie Beschäftigten wurde ein Kollektivvertrag (Gültigkeit Oktober 1920 bis Ende Juni 1921) abgeschlossen.

1922: Die Tarifrevision der Buchdrucker
brachte die Einreihung des Burgenlandes mit Einordnung der Druckorte in die bestehenden Ortsklassen, verschiedene Zuschläge wurden revidiert bzw. erhöht, wie es auch zu Sondervereinbarungen für die Herstellung von Zeitungen in den Bundesländern, für die Montag-Frühblätter, für die Buchbinder in den Buchdruckereien und für die Hilfskräfte kam. Die Laufzeit der neuen Bestimmungen wurde mit 31. Dezember 1922 limitiert. Auch 1923 bedurfte es zur Belebung der Verhandlungsbereitschaft der Druckereibesitzer wieder des für sie spürbaren Unmuts ihrer Arbeiter. Es kam auf dem Verhandlungsweg zu keinerlei Zugeständnissen, was die Kollegenschaft in Wien veranlasste, in den Betrieben vorstellig zu werden. So konnte im Großen und Ganzen eine 10prozentige Lohnerhöhung erreicht werden. Mit der Wirtschaft ging es rasch bergab, mit den Preisen rasch nach oben, was immer kürzere Intervalle zwischen den Lohnverhandlungen notwendig gemacht hat.

Inflationsjahre
Trotz aller gewerkschaftlichen Bemühungen hatte die Arbeiterschaft die größeren Nachteile der Inflation zu tragen. Das galt für alle unsere Berufsbereiche. Die Lohnregulierungen hinkten der Realität immer nach, wobei nicht nur der rasche Verlauf der Geldentwertung, sondern auch das mangelnde Verständnis der Unternehmer, entsprechend ausgleichende Lohnanpassungen rasch zu vereinbaren, das Ihre dazu beitrugen. So schwer auch die Zeiten gewesen sein mögen, die Kollegenschaft verhielt sich in vielen Dingen doch beispielhaft. So bewältigten sie gerade in dieser Periode einen großen Schritt zur Vereinigung der Kräfte mit der Bildung des Reichsverein, der mit 1. Jänner 1923 aktiv wurde.


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In einer gerafften Tabelle sieht die Entwicklung der Inflation in diesen knappen drei Jahren folgendermaßen aus:

Datum Krone/Woche
März 1922: 25290
September 1922: 289672
April 1923: 312834
Jänner 1924: 406781
Juni 1924: 474648
November 1924: 528658
Jänner 1925: 560563
Februar 1925: 571829

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Die Tarifbewegung im Jahre 1925
begann mit Kündigung des Buchdruckervertrages durch die Unternehmer, nachdem die Gehilfen den Vorschlag zu einer Tarifrevision vorgelegt hatten. Die Unternehmer brachten einen Vorschlag, der zu dieser Zeit eine Provokation war: Leistungssteigerung, Streichung von Feiertagen und Berechnen für Arbeit an Setzmaschinen, also Arbeitszeitverlängerung und Vermehrung der Arbeitslosigkeit. Die Gehilfenschaft war bereit, diese Forderungen mit allen Mitteln abzuwehren. In den Verhandlungen nicht durchzusetzende Gewerkschaftsforderungen konnten bei der redaktionellen Umarbeitung ohne Schwierigkeiten untergebracht werden, sie betrafen Verbesserungen im Zuschlags- und Abschlagswesen. Das Minimum wurde zum Tariflohn und das gewisse Geld zum Zeitlohn. Betriebe, die Anspruch auf nur einen Lehrling hatten, mussten nun alternierend einen Setzer- und einen Druckerlehrling einstellen. Viele Punkte des Entwurfes der Gehilfen waren zurückgestellt, aber der Anschlag der Prinzipale auf die sozialen Fortschritte konnte von der Kollegenschaft in entschlossener und geeinter Haltung abgewehrt werden.

Schwierige Lohnbewegungen
Während der Geltungsdauer des Tarifes kam es zu mehreren, zumeist hart erstrittenen Lohnerhöhungen. 1929 war die arbeiterfeindliche Entwicklung des Bürgertums voll ausgeprägt. Die wirtschaftliche und politische Situation unterstrich dies: An weitere Verbesserungen im Sozial- und Arbeitsrechtsbereich war nicht zu denken. Ende 1929 mussten 234.186 Arbeitslose, davon 193.106 unzureichend unterstützt, und 42.000 Altersrentner, die mit Almosen abgespeist wurden, gezählt werden. Mit einer Aktion freier Gewerkschaften gegen die Arbeitslosigkeit wurde auch der Bundeskanzler beschäftigt, der eine problemorientierte Regierungsvorlage zusagte. Was dann vorgelegt wurde, war nichts anderes als eine Interessenprojektion der Unternehmer. 1. Vorschlag: Herabsetzung der Löhne so lange fortsetzen, bis die Arbeitslosigkeit beseitigt wäre! Ausschluss der Saisonarbeiter von der Arbeitslosenunterstützung war die zweite unmenschliche Idee der kapitalistischen Hirne. Abschaffung der ärztlichen Hilfe bei den Krankenkassen und Reduzierung des Krankengeldes, Herabsetzung des Überstundenzuschlages, Herabsetzung der Abfertigungen für die Angestellten. Als Beispiel der Realisierung der Wirtschaftsführung kann man die mit dem Vertrag von Jänner 1923 für die Buchbinder vereinbarten Lohnreduzierungen (-7 Prozent) anführen, die Indexziffern stiegen aber weiter und die Kürzung der Löhne wurde aufgehoben.

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Tarifverlängerung bis 1931
Unter Beteiligung von Vertretern der Arbeiterkammern und des Bundes Freier Gewerkschaften einigten sich der Hauptverband und das graphische Kartell auf eine Verlängerung des Tarifvertrages der Buchdrucker, der Senefelder, der Chemigraphen und der Druckereibuchbinder bis 30. Juni 1931. Der für fünf Jahre gültige Vertrag wurde in einer Urabstimmung mit rund 90 Prozent Befürwortern angenommen. Am 12. Jänner 1932 wurde der Tarif zur Satzung erklärt, wodurch er für Hausdruckereien und auch jene Betriebe zu gelten hatte, die nicht dem Hauptverband angehörten. Die wirtschaftliche Situation verfiel zusehends. Die Beschäftigungslage wurde immer schlechter. Das bedeutete natürlich Abgänge bei den Einnahmen über die Mitgliedsbeiträge einerseits und die vermehrten Unterstützungszahlungen anderseits. Beitragserhöhungen ließen sich nicht vermeiden, aber auch Kürzungen in den Unterstützungen mussten vorgenommen werden (3. Generalversammlung des Reichsvereines, 3. und 4. April 1932 in Wien). Ein Blick auf die damals geleisteten Beiträge vermittelt einen Eindruck des trotzdem bestehenden Mass an Solidarität: Die Gewerkschaftsbeiträge betrugen von den mittleren Löhnen:
4,70 Schilling ... 6,9%
6,30 Schilling ... 8,4%
7,90 Schilling ... 8,8%
und 9,20 Schilling ... 8,5%

Zusätzlich entrichteten die Mitglieder dann noch Gaubeiträge, Beiträge für die Zweigvereine wie die Graphische Gesellschaft usw. Bei den Lohnverhandlungen 1932 forderten die Unternehmer eine Senkung der Löhne um 5 Prozent und Kurzarbeit bis zu 32 Stunden. Sollte das Einigungsamt dem nicht zustimmrn, so kündigten sie eine Kürzung des Tariflohnes um 20 Prozent an. Die Gehilfenvertreter erklärten ihrerseits, dass sie zu den Verhandlungen nicht erscheinen würden, sollte die Schlichtungsstelle Kurzarbeit verlangen. Der Hauptverband drohte mit Auflösung der Tarifgemeinschaft. Und nachdem sie ihre ausschließlich ihrem Vorteil dienenden Ideen nicht durchsetzen konnten, legten sie alle Mandate in den Kommissionen, im Tarifamt, in der Stellenvermittlung und im Schiedsgericht zurück. 1933 verlangte der Hauptverband wieder die Kurzarbeit. Gewerkschaftlich wollte man - sogar auf Kosten der Dienstnehmer - die Arbeitszeit an Samstagen wegfallen lassen. Auch das schlugen die Unternehmer aus, genauso wie den Vorschlag, Kurzarbeit nur im Einvernehmen mit dem Betriebsrat des jeweiligen Unternehmens zu gestatten. Es war einfach unmöglich zu einer Übereinstimmung zu gelangen. Die Unternehmer rechneten mit dem neuen Kurs auf politischer Ebene und den zu erwartenden Maßnahmen gegen die Arbeiter. Sie sollten für kurze Zeit Recht behalten. Die Wirtschaftsreform der Regierung war nichts anderes als ein Racheakt an der sozial aufgestiegenen, unliebsamen Arbeiterschaft. Der scheinbar allmächtig gewordene Bürgerblock konnte in seiner Kurzsicht nicht im mindesten erahnen, dass er wenige Jahre später Opfer seines eigenen Hasses sein würde, dass er alles gegen die Arbeiter einsetzen und alles an die Hitler-Diktatur verlieren würde.

1934: Auf geht's zur Selbstvernichtung
Noch im November 1934 strebte der Hauptverband der graphischen Unternehmungen wieder mit der Vorlage eines Elaborats die Kurzarbeit an. Die Fachausschüsse verwarfen die Kurzarbeit und empfahlen eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung. Die Gewerkschaft nahm aber die Verhandlungen auf, und es kam zu einem beiderseits akzeptierten Entwurf. Dessen Vorlage bei einer Betriebsrätekonferenz zur Beschlussfassung führte zu einer harten Kritik an der Gewerkschaftsleitung, daß trotz der ablehnenden Beschlüsse der Fachausschüsse weiterverhandelt wurde. Der Antrag auf Kurzarbeit wurde zurückgezogen und ein neuer einstimmig beschlossen, mit dem die 40-Stunden-Woche für alle graphischen Arbeiter Österreichs verlangt und dem Ausschuss untersagt wurde, ohne Einvernehmen andere Beschlüsse zu fassen.

1936: Jetzt kommt Kurzarbeit doch
Die Tarifrevision brachte eine Verlängerung des bestehenden Tarifs um ein Jahr, zugleich aber doch Kurzarbeit (44 Stunden, ohne Lohnausgleich), Streichung der vierstündigen Arbeitszeitverkürzung der Chemigraphen in der Woche vor Ostern, Pfingsten und Weihnachten sowie andere Demontagen.

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1937
1937 wollten dann im Zuge der fällig gewordenen Tarifrevision die Industriebetriebe die Kurzarbeit auch für sich beanspruchen. Eine Tariferneuerung blieb aber aus. Die gegenseitigen Vorschläge wurden abgelehnt bzw. zurückgezogen und eine nochmalige Verlängerung des Tarifs beschlossen. Es war dies eine der letzten gewerkschaftlichen Entscheidungen vor dem endgültigen Untergang. Statt mit der hinter einem humanen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Österreich stehenden Arbeiterschaft an der Errichtung einer Front gegen die sich ankündigende Nazi-Diktatur zu arbeiten, hatten die Bürgerlichen mit Unterstützung einer bereits die Unbarmherzigkeit des Faschismus praktizierenden Regierung die Organisation der Arbeiter, die politischen Parteien, die Gewerkschaften und Kulturorganisationen zerschlagen und ihre Leistungen zerstört.


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1938: Der Untergang ist vollzogen
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich musste alles, was von den freien Gewerkschaften nicht schon im Untergrund war, in die Illegalität gehen. Aus dieser Position heraus konnte man unter Einsatz des Lebens gegen die Unterdrückung, den Terror kämpfen - und die graphischen Arbeiter, Buchdrucker, Senefelder, Buchbinder und Kartonager stellten eine wesentliche Gruppe an Widerstandskämpfern -, aber kaum konnte man das Arbeitsrecht gestalten. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) hatte die Rolle der ehemaligen Gewerkschaften angenommen, aber nicht deren Aufgaben übernommen. Die noch bestehenden sozialen Gesetze und arbeitsrechtlichen Übereinkommen und Kollektivverträge wurden außer Kraft gesetzt bzw. von zumeist schlechteren Bedingungen abgelöst. Die Diktatur des Größen- und Rassenwahns währte sieben Jahre lang, sechs davon standen im Zeichen eines Krieges zur Stillung des nationalsozialistischen Expansionsdranges, der sich in kurzer Zeit zum Zweiten Weltkrieg entwickelte, zum Desaster der Deutschen wurde und zur Teilung Deutschlands führte.

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1945: Gewerkschaften sind wieder da
Rasch kam es zur Gründung des damals 16 Fachgewerkschaften umfassenden Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), als dessen Gewerkschaft 8 die Gewerkschaft der Arbeiter der graphischen und papierverarbeitenden Gewerbe Österreichs - österreichweit mit allen Vereinen der Buchdrucker, Senefelder, Buchbinder, Etuimacher, Kartonager und Weiterverarbeiter -, also unsere heutige Gewerkschaft Druck, Journalismus, Papier, aufscheint. Unsere Gewerkschaft hielt am 10. Mai 1945 bereits eine sehr gute besuchte Vertrauensmännerversammlung (161 Kolleginnen und Kollegen aus 77 Betrieben) ab, die einen provisorischen Ausschuss unter der Leitung von Obmann Adolf Weigelt (Maschinensetzer) und seinen Stellvertretern Julius Köppl (Setzer) und Max Löw (Steindrucker) wählte. Die Lohnbewegungen in den Jahren nach dem Krieg wurden verschiedenartig gelenkt. Natürlich kam es - ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg - wieder zu einer gewissen Geldentwertung, aber unvergleich milder.

Erster Kollektivvertrag nach dem 2. Weltkrieg
Mit der Neufassung des Kollektivvertrages befassten sich zum ersten Male bei einer Vertrauensmännerversammlung (29. Mai 1946) und kurz darauf eine Länderkonferenz in Wien. Diese beschloss auch eine Erweiterung des Zentralausschusses. Letzterer revidierte den Entwurf des neuen Tarifs, der dann am 27. Juni 1946 dem Hauptverband der graphischen Unternehmungen überreicht und am 30. Juli 1946 in einer ersten Verhandlung besprochen wurde. Die Lohnfrage wurde vordringlich mit gutem Ergebnis für die Angehörigen aller drei Berufsgruppen (gültig ab 12. August 1946) abgehandelt.

  • Minimum der Stufe C einheitlich für ganz Österreich: 80 Schilling
  • Die Streichung der Ortsklassen bedeutete in einzelnen Bereichen eine Lohnerhöhung von 80 Prozent.
  • Gleiche Erhöhung der Buchbinderlöhne.
  • Für die Kartonage- und Zigarettenhüllenindustrie musste die Lohnordnung der Zentrallohnkommission vorgelegt werden, welche die Berechtigung der Regelung anerkannte.

Der Kollektivvertrag bringt AZV
Der Kollektivvertrag 1947 war der erste Kollektivvertrag, der in gleicher Weise für die Berufsgruppen I und II - teilweise in Sonderbestimmungen geregelt - und für ganz Österreich galt. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Einführung einer Weihnachtsremuneration. 1 Wochenlohn (in den ersten 5 Dienstjahren), abgestuft bis maximal 3 Wochenlöhne (ab dem 21. Dienstjahr)
  • Bei Krankheit: Neben der Entschädigung nach ABGB § 1154 b noch 50 Prozent des Krankengeldes, je nach Beschäftigungsdauer abgestuft, für weitere 2 Wochen, 4 Wochen,  5 oder 6 Wochen (bei mehr als 25 Dienstjahren)
  • Zulagen im Buchdruck zum Minimallohn: Metteure 20 Prozent, Maschinensetzer 30 Prozent, Fremdsprachenzuschlag 20 Prozent, für die Bedienung eines Tiegels 10 Prozent, bei Bedienung einer Maschine mit Einlegeapparat und Format 70 x 100 cm 10 Prozent, Illustrationsdrucker 20 Prozent, Rotationsmaschinenmeister 30 Prozent.
  • Maschinenmeister im Offsetdruck dürfen nur eine Maschine bedienen. Bei Urlaubsvertretung ist die Zweimaschinenbedienung möglich; es gebührt dem Maschinenmeister hierfür eine Zulage von 40 Prozent.
  • Arbeitszeit für Zeitungssetzer: Maschinensetzer 39 Stunden, Inseratenmetteure, Inseratensetzer,  Maschinenmeister, Mechaniker, Stereotypeure, Chemigraphen sowie alle Hilfskräfte 45 Stunden wöchentlich.
  • Zulagen bei Zeitungsarbeitern: Metteure, Inseratenmetteure, Korrektoren, Revisoren, Chemigraphen, Maschinensetzer, Stereotypeure, Inseratensetzer und Abzieher 25 Prozent,  Hilfskräfte 40 Prozent auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn.

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1947 - Kollektivvertrag Berufsgruppe III
Für die Gruppe der Buchbinder, Kartonager, Papierkonfektions- und Zigarettenhüllenarbeiter (Berufsgruppe III) lief die Neuinstallierung nicht glatt ab. Die Kollegenschaft musste mit einem dreiwöchigen Streik die Verhandlungsbereitschaft der Unternehmer wecken, um zu einem fortschrittlichen Kollektivvertrag zu kommen.

Unsere weitere Kollektivvertragspolitik
Die Struktur und Entwicklung unseres Arbeitsrechts ist durch die Konzentration der drei Berufsgruppen zu einer Gewerkschaft mit vier Kollektivvertragspartnern geworden. Verhandelt wurde mit dem

  • Hauptverband der graphischen Unternehmungen Österreichs für alle graphischen  Arbeitnehmer  (technische Angestellte, Facharbeiter, Helfer und Helferinnen), Druckereibuchbinder in Druckereien und  Zeitungsarbeiter.
  • Verband Österreichischer Zeitungsherausgeber und Zeitungsverleger für die Gruppen der Expeditarbeiter, Redaktions- und Verwaltungsgehilfen, Austräger und Zusteller.
  • Fachverband der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie Österreichs für die Industriebuchbinder, die Beschäftigten in der Wellpappe- und Verpackungsmittelindustrie.
  • Bundesinnung für Buchbinder, Etui- und Kartonagewarenerzeuger für die Beschäftigten in der Papierkonfektion und einschlägigen Gewerbebetrieben, für Etuimacher und Zigarettenhüllenarbeiter.
  • Innung der Porträtphotographen für Porträtphotographen und Lehrlinge in diesem Beruf.

1952 wurde für die Berufsgruppen I und II eine Reihe von Verbesserungen realisiert. Folgenden Punkten ist besonderer Wert beizumessen:

  • Überstundenentgelt: Der steuerfreie Zuschlag wird ausbezahlt, die Arbeitszeit wird in Freizeit abgegolten.
  • Akkord-, Prämien- und Gratisarbeit wird im Mantelkollektivvertrag für das graphische Gewerbe verboten.
  • Krankenentgeltgewährung in Abstufungen von 2 bis 8 Wochen (das Entgeltfortzahlungsgesetz kommt erst in 22 Jahren, nämlich 1974!).
  • Krankheit unterbricht Urlaub. Ein erster Schritt: Krankheitstage zählen nur bis zu einem Viertel der Urlaubszeit als Urlaubstage (ein diesbezügliches Gesetz kommt 1964, also 12 Jahre später!).
  • Neue Stufe bei der Weihnachtsremuneration: 4 Wochenlöhne nach 30 Jahren Beschäftigungsdauer im Betrieb. Die Weihnachtsremuneration ist vererbbar.
  • Neue Zwischenstufe bei den Abfertigungen: 2 1/2 Wochenlöhne nach 15 Dienstjahren (das Arbeiter-Abfertigungsgesetz wird 27 Jahre später, 1979, realisiert!)

Entscheidungen und Erkenntnisse
behörderlicherseits waren nicht selten ausschlaggebend für die Anwendung und Auswirkung unserer arbeitsrechtlichen Bestimmungen. So musste die Satzung und damit Geltung des Kollektivvertrages 1952 für die Österreichische Staatsdruckerei (nach drei Tagen Streik) ausgesprochen werden. Nach zähem Gesprächsverlauf erließ das Finanzministerium mit 2. Februar 1953 die Weisung an alle Finanzlandesdirektionen, dass der Nachtzuschlag - lt. unserem Kollektivvertrag ab 18 Uhr zu bezahlen - steuerfrei zu berechnen ist.

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1953
Die 45 1/2-Stunden-Woche wurde durch das Vertragsamt (10. September 1953) realisiert, das die Bestimmung, mit der die Mittagspause in die normale Arbeitszeit einzurechnen sei, die Ableistung der normalen Arbeitszeit aber mit aufschlagsfreiem Lohn abzugelten war, aufhob. Mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wurde festgestellt, dass die Lehrzeit Dienstzeit ist. Dies bedeutete die Miteinrechnung der Lehrzeit in verschiedene Anwartzeiten, wie etwa Abfertigungsanspruch, erhöhte Weihnachtsremuneration usw.

Der Kollektivvertrag 1956
brachte nach 43 Verhandlungssitzungen eine Erhöhung des Urlaubszuschusses auf 50 Prozent und weitere Arbeitszeitverkürzungen in zwei Stufen:

  • 45 Stunden (Divisor 45), 44 Stunden ab 2. Februar 1959.
  • Zeitungsarbeiter 39 Stunden mit Einrechnung einer 1/4stündigen täglichen Pause, das sind  37 1/2 Stunden Arbeitszeit. (Divisor 39).

Zeitlich zu den Abschlüssen für das graphische Gewerbe verschoben, kam es auch für die anderen Dienstnehmerbereiche - in der Berufsgruppe II erst nach Kollektivvertragsverlängerung - zu guten Ergebnissen:

  • Expeditarbeiter, Redaktions- und Verwaltungsgehilfen, Austräger und Zusteller:
  • 45 Stunden Arbeitszeit; einheitlicher Nachtzuschlag: 50 Prozent.
  • PPV - Buchbinder - Industriebetriebe: Arbeitszeit 47 Stunden ab 1. Jänner 1958/46 Stunden ab 1. Jänner 1959.
  • Innungsbetriebe: Arbeitszeit 47 Stunden ab 2. Februar 1959/45 Stunden ab 4. Jänner 1960.

Die Kollektivvertragserneuerung 1962 wurde mit dem Vorziehen der Lohnerhöhungen (Oktober 1961), der Reduzierung der Lohngruppen von drei auf zwei (graphisches Gewerbe) sowie mit Verbesserungen der Position bei der Helferschaft eingeleitet. Gleichzeitig wurde auch die Lohnakontierung und -abrechnung nach den Beitragszeiträumen der Sozialversicherung geregelt.

  • Verbesserungen gab es bei der Unterbrechung des Urlaubes durch Krankheit.
  • Beim Urlaubszuschuss (50 Prozent plus einem KV-Wochenlohn).
  • Weihnachtsremuneration, wo die erste Kategorie (nach einem Dienstjahr) um 50 Prozent auf eineinhalb Wochenlöhne erhöht wurde.
  • Für den Abfertigungsanspruch trat das Anfallsalter des Pensionsgesetzes an die Stelle der festgelegten Altersgrenzen.
  • Die Begriffe Hilfsarbeiter und Hilfsarbeiterinnen wurde durch Helfer und Helferinnen ersetzt.
  • Erstmals konnte ein Kollektivvertrag für Lehrlinge abgeschlossen werden, der die Lehrlingsentschädigungen vom Gehilfenlohn regelte: im 1. und 2. Lehrjahr 20 Prozent,  im 3., 4., 5. und 6. Lehrhalbjahr jeweils um 5 Prozent mehr, 7. und 8. Lehrhalbjahr 50 Prozent.

Während der Geltungsdauer des Kollektivvertrages wurde das Kapitel "Krankheit unterbricht Urlaub" durch Bundesgesetz geregelt, das die kollektivvertragliche Vereinbarung ablöste. Am 4. Februar 1963 trat ein neuer, viele Verbesserungen bringender Kollektivvertrag für die Berufsgruppe III in Kraft, wovon in erster Linie die Punkte Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration angeführt seien.

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Mehr Urlaub ab 1965
Abgesehen von den zahlreichen Lohnerhöhungen zwischen den Kollektivvertragserneuerungen und anlässlich derselben verdient die Einführung eines erweiterten Urlaubes (Mantelvertrag sowie Expeditarbeiter, Redaktions- und Verwaltungsgehilfen, Austräger und Zusteller) mit 18 Tagen Mindesturlaub graph. Gewerbe besonders angeführt zu werden.

Die neuen Abstufungen:

  • 1. bis 15. Dienstjahr 18 Werktage
  • 16. bis 25. Dienstjahr 24 Werktage
  • ab dem 25. Dienstjahr 30 Werktage

Für die technischen Angestellten:

  • 1. bis 10. Dienstjahr 18 Werktage
  • 11. bis 25. Dienstjahr 24 Werktage
  • ab dem 25. Dienstjahr 30 Werktage

Am 7. Gewerkschaftstag (27. bis 29. Mai 1965) wurde unter anderem über die Urlaubsverbesserungen berichtet, wie die Delegierten auch einstimmig die Namensänderung auf Gewerkschaft Druck und Papier beschlossen.

Kollektivvertrag 1965 für die Berufsgruppe III
Mit der Bundesinnung der Buchbinder und Kartonagewarenerzeuger sowie mit dem Fachverband der Papierindustrie wurden mit dem Kollektivvertrag 1965 neben den Erhöhungen der Kollektivvertrags-Löhne und Ist-Löhne eine Verkürzung der Arbeitszeit am 31. Dezember 1965 (Arbeitsende: mittags) vereinbart. Die Weihnachtsremuneration erfuhr eine Aufstockung auf 4 Wochenlöhne(ab dem 5. Dienstjahr).

Kollektivvertrag 1966
In einem eher ruhigen Verhandlungsklima wurden neben einer Erhöhung der Kollektivvertrags- und Ist-Löhne als wichtigste Punkte vereinbart:

  • Verbesserungen beim UrlaubszuschuSS: Der Dienstnehmer erhält zusätzlich zu seinem
  • Urlaubsentgelt: 3 1/2 Gesamtwochenlöhne (1. bis 5. Jahr Beschäftigungsdauer im Betrieb) 4 Gesamtwochenlöhne bei längerer Beschäftigungsdauer.
  • Erhöhung der Weihnachtsremuneration nun in zwei Stufen (früher sechs). 3 1/2 Gesamtwochenlöhne (1. Jahr aliquot), 4 Gesamtwochenlöhne (ab dem 10. Dienstjahr im Betrieb).
  • Neue Einteilung der Schichtarbeit, die eine sechstägige Früh- und eine fünftägige  Nachmittagsschicht gestattet.
  • Neuregelung der Lehrlingsentschädigung in der Form: im 1. und 2. Lehrhalbjahr 20 Prozent,  im 3., 4., 5., 6. und 7. Lehrhalbjahr um je 5 Prozent mehr (25 Prozent bis 55 Prozent), im  letzten Lehrhalbjahr 70 Prozent des Gehilfenlohnes der Stufe A 2.

Der Gaphische Kollektivvertrag 1972
erforderte 36 Verhandlungstage und brachte zahlreiche Verbesserungen. So wurden auf Kollegenwunsch:

  • Die Kündigungsfristen auf fünf Stufen erweitert: 2 Wochen (die ersten drei Dienstjahre) bis 10 Wochen (ab dem 30. Dienstjahr).
  • Dem Dienstnehmer stehen 2 bezahlte freie Tage ohne Belegpflicht zu.
  • Urlaubsanspruch: Ab 1973 ab dem 10. Dienstjahr 4 Wochen (Urlaubsgesetz).
  • Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration: 4 1/3 Gesamtwochenlöhne ab dem 2. Dienstjahr.
  • Erstmals konnten für Angehörige fremder Berufe Schmutzzulagen festgelegt werden.

Gleichfalls mit Beginn 1972 traten auch neue Kollektivverträge für die Berufsgruppe III in Kraft. In der Industrie gab es neben den Lohnerhöhungen:

  • Eine Arbeitszeitverkürzung auf 42 Stunden in der Woche (ausgenommen Vorarlberg), um 3 Stunden am Karsamstag, Pfingstsamstag und am 31. Dezember. Am 24. Dezember endete die Arbeitszeit für alle Schichtarbeiter um 12 Uhr unter Fortzahlung des Lohnes.
  • Bundeseinheitlich ist die Schichtzulage, für die Zeit von 20 bis 6 Uhr gibt es noch eine zusätzliche Zulage.
  • Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration: ab dem 3. Dienstjahr 4 Wochenverdienste, ab dem 6. Dienstjahr 4 1/3 Wochenverdienste.

Der mit der Bundesinnung der Buchbinder, Kartonagewaren- und Etuierzeuger abgeschlossene  Kollektivvertrag (Salzburg und Tirol ausgenommen) wie auch der Heimarbeitsgesamtvertrag  brachten ebenfalls Verbesserungen, jedoch nicht im Ausmaß wie für die in der Industrie Beschäftigten.

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Der Kollektivvertrag 1977
Abgesehen von den für alle drei Berufsgruppen in nahezu gleichem Ausmaß erzielten Lohnerhöhungen wurden auch die Kündigungsfristen und Abfertigungssätze angehoben sowie die Bestimmungen für Urlaubszuschuß und Weihnachtsremuneration verbessert. Im graphischen Gewerbe gebühren

  • der Urlaubszuschuss sowie auch die Weihnachtsremuneration bereits im 1. Dienstjahr:  4 3/4 Gesamtwochenlöhne
  • Im Industriebereich der Berufsgruppe III wurden der Urlaubszuschuss und die Weihnachtremuneration  im 1. und 2. Dienstjahr mit je 4 Wochenlöhnen und ab dem 3. Dienstjahr mit 4 1/3 Wochenlöhnen festgesetzt.

Im Kollektivvertrag für den Gewerbebereich wurden dieselben Punkte in folgender Weise verbessert:

  • 1. bis 3. Dienstjahr: 3 1/5 Wochenverdienste,
  • 4. bis 6. Dienstjahr: 4 Wochenverdienste,
  • ab dem 7. Dienstjahr: 4 1/3 Wochenverdienste.

Der neue graphische Kollektivvertrag 1982 brachte trotz einer nicht gerade ausgezeichneten Konjunkturlage in wichtigen Punkten Verbesserungen im graphischen Kollektivvertrag:

  • 5 Wochenlöhne Urlaubszuschuss
  • 5 Wochenlöhne Weihnachtsremuneration
  • Verbesserte Kündigungsbestimmungen mit mehr Freizeit zur Postensuche
  • Verbesserungen bei der Abfertigung, Vordienstzeiten werden angerechnet
  • Entgeltleistungen bei Arbeits- u. Rufbereitschaft
  • Bezahlung von Wegzeiten bei Überstundenleistungen
  • Verstärktes Mitspracherecht für Betriebsräte
  • 100 Prozent mehr Lohn an Feiertagen
  • Kürzere Arbeitszeiten am Karsamstag, Pfingstsamstag, 24. und 31. Dezember
  • Höhere Zulagen für Lehrlingsausbilder
  • Verbesserte Vertragsbestimmungen für die Helferschaft

Und wenn es in der Aufstockungsreihe des Urlaubszuschusses und der Weihnachtsremuneration auch noch so einfach und selbstverständlich scheinen mag, dass nach 4 1/3 Wochenlöhnen deren 5 folgen, so schwierig war die Bewältigung dieses Sprunges. Nach diesem Kollektivvertragsabschluss ist eine Darstellung der Entwicklung des Urlaubszuschusses und der Weihnachtsremuneration aufschlussreich.

Entwicklung des Urlaubszuschusses im graphischen Gewerbe 1947 - 1982

Jahr Minimal Zwischenstufe Maximal
1947 1/2 WL 3/4 WL 1 WL
1956 1 WL 1 1/2 WL 2 WL
1962 2 WL 2 1/2 WL 3 WL
1965 2 1/2 WL 3 WL 3 1/2 WL
1966   3 1/2 WL 4 WL
1972     4 1/3 WL
1977     4 1/3 WL
1982     5 WL

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Die Jahre vor 1947 scheinen hier nicht auf, es gab keinen Urlaubszuschuss. 1947 betrug er 25 Prozent, 1956 - 50 Prozent und ab dem Jahr 1962 - 50 Prozent plus 1 Wochenlohn. Bis hierher haben wir den Urlaubszuschuss anhand der Urlaubsausmaße in Wochenlöhne umgerechnet. Ab 1965 wird der Urlaubszuschuss kollektivvertraglich in Wochenlöhne angegeben. 1972 gab es 4 1/3 Wochenlöhne ab dem 2. Dienstjahr und seit 1977 gibt es nur noch eine Stufe des Urlaubszuschusses, die derzeit gültigen 5 Wochenlöhne.

Und hier die Tabelle über die Erweiterungen der Weihnachtsremuneration:

Jahr Ausmaß
1947 1 bis 3 Wochenlöhne
1952 1 bis 4 Wochenlöhne
1962 1 1/2 bis 4 Wochenlöhne
1966 3 1/2 bis 4 Wochenlöhne
1972 4 1/3 Wochenlöhne
1977 4 1/3 Wochenlöhne
1982 5 Wochenlöhne

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1983: Neuer Kollektivvertrag für die Berufsgruppe III
Von Schwierigkeiten eingeleitet wurden diese Kollektivvertragsverhandlungen: Die fix und fertig ausgearbeiteten Vorschläge zur Lohn- und Arbeitsrrechtserneuerung fanden vor der Kommission für Lohn- und Preisfragen keine Zustimmung. Die Forderungen mussten demnach reduziert und neu formuliert werden, was zu einem gewissen Zeitdruck führte. Als wesentlicher Punkt seien die Verhandlungen um einen neuen Geltungsbereich nach dem Arbeitsverfassungsgesetz angeführt, die eine Neuformulierung des schon lange umstrittenen § 1 des Kollektivvertrages erbrachten. Der Problembereich: Die industrielle Verpackungsmittelproduktion mit Bedrucken der Erzeugnisse. Durch Regelung wird der Arbeitsverfassung entsprechend die größere wirtschaftlichen Bedeutung des Betriebes zum Tragen kommen. Unseren Vertretern war es möglich, erstmalig einen Umstufungs- und Absicherungskollektivvertrag auszuhandeln. Dieser verlangte eine Betriebsvereinbarung (Stichtag: 28. Februar 1983), mit der die für die graphischen Facharbeiter und deren Helfer bestehenden Rechte aus dem graphischen Kollektivvertrag, den Sonderbestimmungen und aus innerbetrieblichen Vereinbarungen abgesichert werden. Natürlich wurden die Lohntabellen sowohl für die Industrie als auch für das Gewerbe überarbeitet und wie die Lehrlingsentschädigungssätze aktualisiert.

1985: Wochenarbeitszeit im graphischen Gewerbe unter 40 Stunden
Im Frühjahr 1985 wurde die wöchentliche Arbeitszeit im graphischen Gewerbe von 40 auf 38 Stunden bei vollem Lohnausgleich verkürzt. Fünfzehn Jahre später ist das Maß dieses Erfolges nicht mehr so richtig abzuschätzen. Aber das Durchbrechen der 40-Stunden-Grenze wurde gegen massiven Widerstand der Wirtschaft und ihrer Verbände realisiert und bedeutete so etwas wie die Schallmauer in der Luftfahrt. Die 35-Stunden-Woche als Ziel konnte jetzt fester ins Auge gefasst werden. Es tut dem Erfolg keinerlei Abbruch, wenn die 38-Stunden-Woche auch mit Rücksicht auf die Situation mancher Kleinbetriebe nicht auf einen Schlag branchenweit Platz griff. Alle Gegenforderungen nach Flexibilisierung der Arbeitszeit konnten konsequent abgewehrt werden. Der Vorstoß unserer Gewerkschaft in Richtung 35-Stunden-Woche schuf anderen Berufsgruppen die Möglichkeit, der Vorbildwirkung zu folgen, wenn auch nicht alle erzielten Lösungen gleich vorbildlich ausfielen. Aber immerhin: Die mit Unterstützung nahezu aller Medien vom Wirtschaftsverband errichteten Barrieren auf dem Weg zu einer technologie- und produktivitätsgerechten Arbeitszeit waren niedergebrochen. Es war kein leichtes Stück Arbeit, auch für die Unternehmerseite nicht. Denn bekanntlich ist die Forderung nach und der Abschluss einer Vereinbarung zweierlei.

1987: 38-Stunden-Woche für die PPV
Mit einem eigenen, am 14. Oktober 1986 mit dem Fachverband der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie Österreichs abgehandelten Kollektivvertrag wurde in diesem Bereich der Berufsgruppe III mit 1. März 1987 die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich auf 38 Stunden verkürzt. Es war dies der Erfolg einer mit Nachdruck zielbewusst agierenden Kollegenschaft, welche die damit verbundenen Durchführungsbestimmungen voll akzeptierte. Wenn die Arbeitszeitverkürzung auch als Hauptpunkt gelten muss, so trat mit dem Kollektivvertrag 1987 für die PPV doch auch ein neues Arbeitsrecht mit vielen Verbesserungen, aber auch eine Lohnerhöhung in Kraft.

1987: Neuer graphischer Kollektivvertrag
Aus einer ganzen Reihe an Verbesserungen und der Verwirklichung neuer Ideen im Mantelvertrag, wie etwa die Verbesserungen bei der Überstundenbezahlung für Samstagsarbeit bei 5-Tage-Woche, bei den Kündigungsbestimmungen und für die Sonntagsarbeit (maximal 7 Stunden) sowie in den Sonderbestimmungen seien nur die wichtigsten angeführt:

  • Aliquoter Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration schon nach 2 Wochen Dienstzeit
  • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
  • 24. Dezember: arbeitsfrei
  • Erstmalig: 50 Prozent Nachtzuschlag auch bei Überstunden im Anschluss an die Arbeitszeit
  • Eine Regelung der Rufbereitschaft und Reisekostenbestimmungen
  • Weiters wurden die Rechte für den Betriebsrat erweitert fixiert, und es gelten alle Feiertage als sogenannte große Feiertage.

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Weitere Arbeitszeitverkürzung 1989 vereinbart
Wenn auch mit der 38-Stunden-Woche ein überaus bedeutsamer Schritt getan worden war, so war es schon vorauszusehen gewesen, dass uns auch weitere Fortschritte auf dem Gebiet der Arbeitszeitverkürzung nicht gerade in den Schoß fallen würden. Und so war es auch: 1989 wurden die Verhandlungen für eine weitere AZV zwar wie vorgesehen, aber mit unvorhersehbar provokanten unternehmerischen Gegenforderungen auf dem Tisch liegend aufgenommen. Unsere Kollegenschaft in den Betrieben zeigte wieder einmal ihre ganze Entschlossenheit, tatkräftig unterstützt von den Zeitungsarbeitern, um realitätsbezogene Gespräche in Gang zu bringen. Es konnte dabei eine weitere Arbeitszeitverkürzung vereinbart werden, die bei vollem Lohnausgleich und ohne jede Flexibilisierung der Arbeitszeit, aber mit zwischenzeitlich wirksamen, die Mehrarbeitsstunden betreffenden Rahmenbestimmungen in den Hauptpunkten vorsah:

  • Die wöchentliche Normalarbeitszeit im Werkbetrieb wird ab 1. April 1990 von 38 Stunden auf  37 Stunden verkürzt.
  • Die Arbeitszeit für alle bei den Tageszeitungen beschäftigten Dienstnehmern wird ab 1.  April 1990 von 38 Stunden auf 36 Stunden verkürzt.

Nach Zustandekommen dieser Vereinbarung ist es interessant geworden, sich der Entwicklung der Arbeitszeit - zumindest im graphischen Gewerbe - zuzuwenden. Gehen wir fast bis an die Anfänge unserer Organisation, ins Jahr 1848, zurück. So zeigt sich doch ein sehr eindrucksvolles Ergebnis einer 150-jährigen Gewerkschaftsarbeit in der Entwicklung der wöchentlichen Arbeitszeit im graphischen Gewerbe von 1848 bis 1992:

Entwicklung der Arbeitszeit 1848 bis 1997 im graphischen Gewerbe:

Jahr Arbeitsstunden pro Woche
1848 70
1848 60
1905 52 1/2
1947 45 1/2
1975 40
1985 38
1990 37
1990 36 Zeitungsarbeiter
1997 34 Vierte Schicht

Ausgewählt wurden nur die wichtigsten Verkürzungssprünge. Also haben wir aus dem Jahr 1848 die ursprüngliche 70-stündige Arbeitszeit und jene ohne Sonntagsarbeit angeführt. Dann scheint die Arbeitszeit um die Jahrhundertwende (1905 : 52 1/2 Stunden) auf. Nicht aufgenommen wurde die Arbeitszeit der Maschinensetzer aus 1899, die damals - für die freilich noch kleine Gruppe - bereits 48 Stunden betrug. Dann ist mit 1947 die Arbeitszeit nach dem Zweiten Weltkrieg (45 1/5 Stunden) und mit 40 Stunden (1975) die nur schwer zu durchbrechende Grenzziehung markiert. 1985 konnte sie aber doch - ein großer Erfolg - unterschritten werden (38 Stunden), und mit 1997 (34 Stunden) ist die bis dahin erreichte Arbeitszeitverkürzung angeführt.

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Entwicklung der Arbeitszeit im graphischen Gewerbe 1848 bis 1990

Unsere Kollektivverträge 1992
Ziemlich zeitgleich konnten 1991 die Kollektivverträge für unsere drei Berufsgruppen abgeschlossen werden.Und hier die Hauptpunkte aus dem graphischen Kollektivvertrag:

  • Erstmals gibt es für die Arbeiter Betriebserfahrungszulagen (vergleichbar mit Vorrückungen bei den  Angestellten), die bei allen Lohnanteilen mitgerechnet werden, für die technischen Angestellten Biennien bis zu 25 Dienstjahren
  • Für die Monatslohn-(Gehalts-)berechnung bringen die Monatsdivisoren (Arbeiter: 37-Stunden-Woche 160, 36-Stunden-Woche 156; Angestellte: bei angeführten Arbeitszeiten Divisoren 150 od. 146) Verbesserungen
  • 1. April 1992: 50 Prozent Überstundenzuschlag ab der 38. Wochenstunde
  • Teilweise Lohnfortzahlung bei beruflicher Weiterbildung
  • Bei Tageszeitungen werden Arbeitszeitvorverlegungen besser entlohnt
  • Beim Mehrwerkedruck gibt es keine Veränderungen
  • Der Schnellläuferzuschlag bleibt weiterhin aufrecht.

Lang ist die Liste der Verbesserungen auch im Kollektivvertrag für die PPV-Industrie. Hier gibt es gleichfalls:

  • erstmals Lohnvorrückungen bei längerer Betriebszugehörigkeit
  • die Beträge werden auf Weihnachtremuneration und Urlaubszuschuss voll angerechnet
  • eine Valorisierung zum 1. März 1994 (Index) ist verbindlich vorgesehen
  • 50 Prozent Zuschlag für Mehrarbeitsstunden (sowohl bei Freizeithaltung als auch bei Barzahlung)
  • der Nachtschichtzuschlag gebührt von 19 bis 6 Uhr
  • Nachtüberstunden (20 bis 6 Uhr) werden mit 100 Prozent entgolten
  • für Arbeitsplatzsuche wird pro Woche ein bezahlter freier Tag gewährt
  • die Bestimmungen für Schmutzzulagen konnten wesentlich verbessert werden
  • Arbeitskleidung wird nun allen einschlägig Beschäftigten zur Verfügung gestellt
  • In beiden Kollektivvertragsbereichen wurden der Gesundheit am Arbeitsplatz ein höherer Stellenwert eingeräumt und das Leiharbeitsverbot (graphischer Kollektivvertrag) beziehungsweise die Bestimmungen für Leih- und Aushilfsarbeit verbessert.

Kollektives Arbeitsrecht im Jahre 1997
Mehr als drei Monate dauerten die Verhandlungen für einen neuen Kollektivvertrag für die Beschäftigten im graphischen Gewerbe 1997, ehe das neue Vertragswerk von den beiden Verhandlungspartnern letztlich akzeptiert wurde. Wie kaum zuvor standen die Kollektivvertragsverhandlungen unter einem derart starken Druck der Unternehmerverbände, versuchten auch Außenstehende, mit teils üblen Methoden den Verlauf der Verhandlungen zu stören. Nur durch die bewiesene Kampfkraft und die außerordentliche Öffentlichkeitsarbeit während der "heißen" Phase konnte das folgende hervorragende Verhandlungsergebnis erzielt werden:

34-Stunden-Woche in der vierten Schicht (man bedenke, dass die Forderung der österreichischen  Arbeitnehmer nach einer  35-Stunden-Woche schon seit den 80er-Jahren besteht  und somit erstmals in Österreich in einem Kollektivvertrag unterschritten werden  konnte!),

  • 75 Prozent Nachtzuschlag zwischen 2 Uhr und 6 Uhr in der vierten Schicht,
  • der bezahlte arbeitsfreie 31. Dezember (Silvester),
  • die Laufzeit des Kollektivvertrages beträgt trotz massiven Widerstands der Unternehmer 5 Jahre,
  • Verbesserungen bei der Betriebserfahrungszulage,
  • eine spürbare Verbesserung beim kollektivvertraglichen Krankengeld,
  • wesentlich längere Kündigungszeiten für Arbeiter,
  • Urlaubs- und Weihnachtszuschuss auch wieder in entgeltfreien Zeiten,
  • Einbeziehung der Schnellläuferzulage in einen Bogendruckerlohn,
  • die Beibehaltung des Mehrwerkezuschlages und der Besetzungsregelung für   Druckmaschinen sowie der Erhalt der Druckvorstufe im graphischen KV und
  • vor allem die Verhinderung der Einführung einer flexiblen Arbeitszeit

sind unter anderem Errungenschaften, die unsere Kollegenschaft in Zukunft sicher zu schätzen wissen wird. Einmal mehr können wir an dieser Stelle feststellen, dass der Spruch: "Solidarität überlebt sich nicht", erneut eine glänzende Bewahrheitung erfahren hat.

Im Bereich der PPV Industrie wurden die Kollektivvertragsverhandlungen 1997 nach über 80 Stunden des zähen Ringens mit dem sicher nicht erwünschten Ergebnis abgebrochen, dass der bisher in Geltung stehende Kollektivvertrag auf unbestimmte Zeit verlängert wird.

Soweit also die Entwicklung unserer allgemeinen tariflichen bzw. kollektivvertraglichen Bestimmungen zwischen den Jahren 1848 und 1997!

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